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Haushalt 2012

Denn sie wissen nicht, was sie tun...

18.03.2012 23:39:00 von ds

Am 13. März 2012 genehmigt die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Niddatal den Haushaltsplan 2012. Das bis 2015 prognostizierte Defizit von jährlich 1,5 Mio. € soll durch Grundsteuererhöhungen von 140.000 € reduziert werden. Gleichzeitig sollen für 2012 angesetzte Ausgaben pauschal um 600.000 € gekürzt werden, wobei Personalkosten und Abschreibungen außen vor bleiben. Konkrete Vorschläge wie die Kürzung von Vereinszuschüssen, das Streichen des Schwimmbadbusses oder der Entfall des Sitzungsgeldes für Parlamentarier lehnen die Stadtverordneten mit breiter Mehrheit ab. „Vielleicht gelingt es der Verwaltung ja, das durch geschickte Klimmzüge zu erreichen“, drückt ein Parlamentarier seine dumpfe Hoffnung aus. Hierzu ein kleiner Realitätscheck:

Drei Monate des Jahres sind bereits vergangen. Um in den verbleibenden neun Monaten Einsparungen von 600.000 € zu erzielen, braucht die Stadt also Maßnahmen, die aufs Jahr hochgerechnet 800.000 € ergeben. Dies kann die Stadt durch Effizienzsteigerungen – weniger Aufwand für gleiche Leistung – oder durch Leistungskürzung erreichen.

Aus 20 Jahren Restrukturierungs- und Sanierungserfahrung kann ich beurteilen, dass operative Effizienzsteigerungen von 10% fast immer und von 20 % zumindest häufig machbar sind. Unterstellen wir für die Stadt Niddatal also einmal optimistische 20% - auch wenn einige Mitarbeiter der Stadt bei dem Gedanken ziemlich nervös werden dürften. Was würde eine Effizienzsteigerung von 20% bedeuten?

Die Stadt hat Aufwendungen von rund 12 Mio. €. Nach Abzug von Personal- und Versorgungsaufwendungen von 3,5 Mio. €, gesetzlichen Umlagen von 4,8 Mio. € und Abschreibungen von 0,5 Mio. € verbleiben 3,2 Mio. €. Davon 20% Effizienzsteigerung ergeben 640.000 €, d.h. wenn die entsprechenden Maßnahmen zum 01.01.2012 umgesetzt gewesen wären, hätte die Stadt ihr Sparziel auf dem Papier bereits erreicht.

Die notwendigen Maßnahmen waren aber weder zum 01.01. umgesetzt noch sind sie es heute. Die Maßnahmen sind im Gegenteil weder definiert noch ist klar, in welchen Bereichen die Stadt suchen soll. Damit beginnt das Effizienzsteigerungsprogram – falls es denn beginnt – ziemlich am Anfang. Was folgt daraus?

Bei der Größe der Verwaltung könnte die Erarbeitung der Maßnahmen in drei Monaten abgeschlossen sein. Die Umsetzung – andere Organisationsstrukturen, verbesserte Einkaufskonditionen, erforderliche Investitionen, usw. – könnte erfahrungsgemäß so umgesetzt werden, dass spätestens in zwei Jahren alle Maßnahmen nicht nur umgesetzt sondern auch kostenwirksam sind. Überschlägig könnte die Stadt also ab Jahresmitte in jedem Quartal 12,5% der Maßnahmen mit einem Jahrespotential von jeweils 80.000 € umsetzen. In der zweiten Jahreshälfte könnten also Maßnahmen mit einem Jahrespotential von immerhin 160.000 € umgesetzt werden.

Kostenwirksam wird in 2012 aber nur ein kleiner Teil. Maßnahmen, die im dritten Quartal umgesetzt werden, wirken nur im dritten und vierten Quartal, d.h. sie schlagen mit gerade einmal 40.000 zu Buche. Maßnahmen, die im vierten Quartal umgesetzt werden, wirken auch nur dort. Mehr als 20.000 € tragen sie in 2012 also nicht bei. Damit schrumpfen die möglichen Effizienzgewinne für 2012 auf 60.000 €. Der Rest müsste aus Leistungskürzungen kommen.

Bei einem aufs Jahr hochgerechnetem Ziel von 800.000 € müssen freiwillige Leistungen also um 740.000 € gekürzt werden. Der Haushaltsplan weist freiwillige Leistungen von 480.000 € aus. Dieser Wert ist zu niedrig, da einige zentrale Leistungen wie der Bauhof den freiwilligen Leistungen nicht korrekt zugeordnet sind. Freiwillige Leistungen könnten also durchaus Kosten von 700.000 bis 800.000 € verursachen. Da Personalkosten und Abschreibungen aber dem Sparbeschluss zufolge nicht einfließen, müssen diese wieder herausgerechnet werden. Mehr als 500.000 bis 600.000 € anrechenbare Einsparungen dürften also selbst bei Streichung aller freiwilligen Leistungen nicht herauskommen.

Selbst bei unmittelbarem Beginn eines radikalen Effizienzsteigerungsprogramms und dem sofortigen Streichen aller freiwilligen Leistungen würde das gesetzte Ziel also verfehlt werden. Zusätzlich hat das Parlament ein Effizienzsteigerungsprogramm bereits am 24. Mai 2011 abgelehnt. Kürzungen bei Vereinszuschüssen, dem Schwimmbadbus und den Sitzungsgeldern der Parlamentarier wurden im Parlament am 13. März 2012 verworfen. Überlegungen zu den Bürgerhäusern und den Räumen von Mäusezahn wurden bis auf weiteres vertagt – ganz abgesehen davon, dass niemand weiß, wie die Bürgerhäuser über Nacht verschwinden könnten. Damit bleiben die beschlossenen Einsparungen von 600.000 € bis zum Jahresende genauso realistisch wie jährlich sechs Richtige im Lotto.

Wir Parlamentarier haben also einen wahrlich historischen Sparbeschluss gefasst! Leider wussten wir nicht, was wir taten.

Weitere Informationen finden Sie auch in der Presse.

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